Barbara Schmucki
»Straßen für die Stadt. Jetzt muß gehandelt werden!« Geschichte des städtischen Raums seit dem Zweiten Weltkrieg
Kaum zwei andere Dinge haben die Umwelt, in der wir leben, mehr geprägt als die Stadt und der Verkehr. Immer mehr Menschen leben in Städten und vor allem in städtischen Agglomerationen, immer mehr Menschen besitzen ein Auto oder verfügen wenigstens über entsprechende Nutzungsrechte. Menschen und Verkehrsmittel bewegen sich in Städten vorwiegend auf Straßen. Straßen, technische Artefakte, sind damit eines der wichtigsten gestalterischen Elemente des städtischen Raums, denn dort findet fast alles städtische Leben außerhalb der Gebäude statt. In diesem Vortrag soll gezeigt werden, daß Straßen eine entscheidende Bedeutung bei der Veränderung des urbanen Lebens zukam.
Im ersten Teil des Vortrags soll anhand des methodischen Zugangs über fotografische Quellen diese Veränderungen analysiert werden. Die bildliche Quellen ermöglichen eine Systematisierung des Raumes, die wiederum anhand verschiedener Faktoren wie Raumnutzung, Straßentechnik, Verkehrsmittel und Signalisationen die Veränderungen über die Zeit faßbar macht. Das Verhältnis von Technik und Umwelt wird so manifest.
Auf die Kategorisierung des ersten Teils, folgt im zweiten der Auftritt der Straße als Retterin der Stadt (siehe Titel) und des städtischen Lebens. Die Geschichte der Straße seit dem Zweiten Weltkrieg soll unter diesem Aspekt untersucht werden, denn immer hatte Straßenbau eine Verbesserung der Stadt zum Ziel; Verbesserung der Stadt hieß aber immer auch Verbesserung der städtischen Umwelt. Hier heben sich in der BRD vor allem zwei Krisenphänome mit ihren unterschiedlichen Bewältigungsstrategien hervor: Anfang der 60er Jahre war der Verkehrsdruck so groß geworden, daß die bundesdeutschen Städte mobil machten und mehr Straßen forderten. In diesem Zusammenhang erhielt vor allem die Stadtautobahn einen besonderen Stellenwert zur Lösung der Verkehrsprobleme. Mitte der 70er Jahre waren trotz intensivem Straßenbau die Verkehrsprobleme immer noch nicht gelöst, die neue Krise spitzte sich nun in doppelter Hinsicht zu, denn der Ausbau zu autogerechten Städte hatte enorme negative Auswirkungen auf die Umwelt mit sich gebracht, denen nun begegnet werden sollte. Wieder waren es Straßen, die zugespitzt auf das Beispiel Wohnstraßen, Veränderungen erzielten. Da Straßen in der Stadt nicht gleich Straßen sind, - auch technische Neuerungen im Straßenbau und Richtlinien für Stadtstraßen sind hier ausschlaggebend -, macht eine Untersuchung um so interessanter, denn nicht nur die Geschichte von Technik-Sicherheit und -Akzeptanz kommt darin zum Ausdruck, sondern sie zeigt die Auswirkungen, Konsequenzen und Wechselwirkung von Technik (Straße und Verkehr) und Umwelt (Stadt und die Menschen, die darin leben).