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Gwen Bingle

Die Konstruktion des Nutzers. Mediating von „Wellness“

Der Begriff der Wellness dient seit den frühen 1990er Jahren dazu, eine bestimmte Umgangsweise mit dem Körper zu beschreiben, wobei dieser als holistische Einheit mit physischen, emotionalen, geistigen und spirituellen Ausprägungen konzipiert wird. Charakteristisch ist dabei die Betonung der individuellen Verantwortung und der Notwendigkeit zur aktiven Mitwirkung, um das Ziel der Erhöhung des eigenen Wohlbefindens zu erreichen; der Nutzer von Wellness-Angeboten soll sich selbst gestalten, zugleich wird er aber auch durch die Angebote, deren Regeln und Bedeutungen konstruiert.

Wellness enthält Praktiken, die zuvor in den Bereichen Gesundheit, Sport, Fitness, Ernährung und Kosmetik angesiedelt waren und dort historisch zurückverfolgt werden können. Wellness-Angebote kombinieren diese Praktiken und statten sie mit neuen Bedeutungen aus. Das Vermischen und Kombinieren innerhalb der Wellness findet sich auch auf weiteren Ebenen: Wellness-Produkte werden als „commodity sytem“ angeboten (z.B. elektrische Zahnbürste + Zahnpaste + Mundspülung); Wellness kombiniert verschiedene Körpereindrücke (z.B. in Form von multifunktionellen Geräten wie Luftreiniger mit ätherischen Ölen und beruhigenden Klängen); Wellness-Angebote werden als Lifestyle- und Erlebnisprodukte vermarktet (z.B. Wellness-Urlaub). Das Wellness-Konzept ist dadurch in verschiedenste Bereiche des Alltagslebens eingedrungen und wird inzwischen von den unterschiedlichsten Agenten vermittelt: so wirken am Mediating-Prozeß neben den Produzenten auch Ärzte, Ernährungsberater, Fitness-Clubs oder Verbraucherorganisationen und sogar öffentliche Institutionen mit. Dabei ist der Vermittlungsprozeß gekennzeichnet von der Umformung und Vermischung vorhergehender Körperideologien und einer gezielten Trivialisierung einiger wissenschaftlich-technischer Eigenschaften bei gleichzeitiger Verwissenschaftlichung anderer: viele high-tech-Eigenschaften werden als „black box“ angeboten (z.B. kosmetische Laserstifte), während hingegen solche, die an der Konstruktion des Wellness-Konzeptes teilhaben und auf einen ambitionierten Konsumenten abzielen, hervorgehoben und verwissenschaftlicht werden (z.B. Enzym- oder Vitaminzusätze in der Nahrung). Letztlich wird im Wellness-Konzept eine neue Lebensästhetik ausgehandelt, die zwar auf Körpertechniken, -praktiken und -ideologien des 20. Jahrhunderts rekurriert, sich aber wegen ihrer Kombinatorik und der Neuzuschreibung von Bedeutungen stark von diesen unterscheidet.