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Lars Bluma

Die Sorge um den Kunden: Die Vermarktung von Vistra

Seit 1919 wurden unter den spezifischen Nachkriegsbedingungen im Premnitzer Chemiwerk der Köln-Rottweil AG umfangreiche Versuche zur Herstellung halbsynthetischer Textilfasern durchgeführt. Diese Versuche führten zur Produktion der ersten künstlichen Textilfaser auf Zellulosebasis mit dem Markennamen „Vistra“, die erfolgreich in den Baumwoll- und Wollmarkt eindringen konnte. Bevor jedoch Vistra und andere Zellwollen entscheidende Marktanteile gewinnen konnten, bedurfte es erheblicher Aufwändungen, um das Vertrauen der Kunden in den neuen Rohstoff zu sichern. Die I.G Farbenindustrie A.G., die 1926 die Köln-Rottweil AG in ihren Konzern eingliederte, entwickelte differenzierte Instrumente der Marktkommunikation, die auch den Austausch technischen Wissens zwischen Rohstoffanbieter und der weiterverarbeitenden Industrie (Spinnereien) einbezog. Dies führte 1929 zur Gründung der Vistra-Vereinigung, in der neben der I.G. Farbenindustrie A.G. exklusive Vistraspinnereien vertreten waren. Ihr erklärtes Ziel war ein gegenseitiger Informationsaustausch, der weitere technische Innovationen im Bereich der Zellwollproduktion und –weiterverarbeitung garantieren sollte.

Neben der weiterverarbeitenden Industrie wurde jedoch auch der Endkonsument und die zwischengeschalteten Einzelhändler in die Marktkommunikation einbezogen. Es entwickelte sich hier ein System unterschiedlicher Werbemaßnahmen, die das negative „Ersatzstoffimage“ der Vistra überwinden sollte, jedoch deutlich asymmetrischere Züge aufwies als die symmetrische Kommunikation in der Vistra-Vereinigung. Die Kommunikation technischer Informationen spielten hier ebenfalls eine bedeutende Rolle zur Schaffung von Kundenvertrauen. Hier traf das technische Spezialwissen der Vistraanbieter auf das Alltagswissen und –handeln der Konsumenten.

Der Vortrag stellt einen Versuch dar, den Kenntnisstand der „Neuen Institutionenökonomie“ auf das Thema Technikvermittlung anzuwenden.