Martina Heßler
Hilflose Produzenten und selbstbewußte Hausfrauen. Der Mediating-Prozeß einer neuen Technik für den Haushalt in den 20er und 30er Jahren
Die Einführung elektrischer Haushaltsgeräte in der Zwischenkriegszeit irritierte die Zeitgenossen. Nicht nur die Nutzer der neuen Technik, die Hausfrauen, zeigten eine gewisse Skepsis gegenüber Sinn und Zweck der modernen Haushaltsgeräte, auch die Produzenten waren verunsichert, und zwar sowohl im Hinblick auf die Entwicklung der neuen Technik als auch auf die geeigneten Werbe- und Marketingstrategien. Denn mit den elektrischen Haushaltsgeräten drang ein vermeintlich männlicher Zuständigkeitsbereich, die Technik, in den Haushalt ein, der häufig als weibliche und technikfreie Oase gegenüber der Arbeitswelt stilisiert worden war. Elektrische Haushaltsgeräte wurden als massiver Einschnitt in den weiblichen (hausfraulichen) Arbeitsalltag empfunden.
Der Beitrag möchte zum einen die Vorstellungen der Produzenten und Werbemacher über den hausfraulichen Umgang mit Technik sowie deren Weiblichkeitsvorstellungen untersuchen, wie sie sich im Diskurs um die Technik und vor allem in der Werbung offenbaren. Gleichzeitig soll der Blick auf die Rolle von Hausfrauenverbände, gerichtet sein, die massiv versuchten, die Technikentwicklung zu beeinflussen und die männlichen Produzenten mit anderen Weiblichkeitsvorstellungen konfrontierten. Diese Möglichkeit ergab sich nicht zuletzt dadurch, daß die männlichen Produzenten schnell überzeugt waren, daß Männer kaum in der Lage seien, die weiblichen Bedürfnisse im Hinblick auf elektrische Haushaltsgeräte zu erkennen und schon gar nicht überzeugend zu verkaufen, sondern daß sie vielmehr auf die Hilfe von "professionellen" Hausfrauen angewiesen seien. Diese nutzten die "Hilflosigkeit" der männlichen Produzenten angesichts der Einführung und Entwicklung einer "weiblichen" Technik, um gezielt Einfluß auf die Technikentwicklung zu nehmen. Vor allem der Reichsverband Deutscher Hausfrauenvereine verstand sich als Mittler zwischen Hausfrauen und Ingenieuren. Das Beispiel der Einführung elektrischer Haushaltsgeräte veranschaulicht deutlich, daß Vorstellungen einer vom Konsumenten unabhängigen Technikentwicklung vor allem einer Produktionszentriertheit der Forschung geschuldet sind und dieses Bild durch den gleichzeitigen Blick auf Produzenten, Konsumenten und sog. Verbraucherorganisationen aufgebrochen werden muß, wie von der Forschung neuerdings betont wird.
Gleichzeit möchte der Vortrag einen Beitrag zur Genderforschung leisten, indem die Wirkungsmächtigkeit der Dichotomien von männlicher Technikzuständigkeit und weiblicher Technikferne bei der Einführung der Technik aufgezeigt wird, die allerdings während dieses Prozesses hinterfragt und als kulturell konstruiert entlarvt werden.