Barbara Orland
Kinderärzte als Technikentwickler – Die innovative Pädiatrie in der Geschichte der Magnetresonanztechnik
Anfang der 1980er Jahre wurde die zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahrzehnten in der Physik, Chemie und Biologie verwendete Methode der magnetischen Kernspinresonanz-analyse in die medizinische Diagnostik eingeführt. In der naturwissenschaftlichen Forschung war sie vor allem zur spektroskopischen Charakterisierung von Molekülen und Synthese-abläufen benutzt worden. In der klinischen Praxis sollte sie als bildgebendes Verfahren vor allem das Instrumentarium der Radiologie ausweiten. Weil MR-Bilder auch Weichteile im Körper gut sichtbar machen und ausserdem keine gefährdende Strahlenexposition vorliegt, hat sie besonders die röntgenologischen Schnittbilder (Computertomographie) innerhalb der Bilddiagnostik verdrängen können.
Dass dieser technische Entwicklungspfad weder der einzige noch überhaupt der erste innerhalb der Medizin war, ist Gegenstand meines Vortrages. In der klinischen Einführungs-phase von Magnetresonanztomographen spielten Pädiater, Neonatologen und Babies eine entscheidende Rolle. Sie ermöglichten nicht nur die ersten MR-Experimente am Menschen, die pädiatrische MR-Anwendung war es auch, die die sogenannte In-vivo-Spektroskopie als spezifischer Form der Magnetresonanztechnik hervorbrachte. Die Tomographen und auch die Art der Bilder, die sie erzeugen, waren zu Beginn der 1980er Jahre weder „fertig“ noch waren sie technisch vorgegeben. Was sich bis heute durchgesetzt hat, ist Resultat komplexer Interaktionen zwischen medizintechnischen Unternehmen, klinischer Forschung und gesundheitspolitischen Entscheidungen, die auf Basis konkreter klinischer Präferenzen gefällt wurden. Wie sich zeigt, war der Anwendungskontext „Klinik“ aktiver an der medizinischen Innovation der Magnetresonanztechnik beteiligt als auf den ersten Blick vermutet werden kann