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Andreas Loesch

Die "neuen" Räume der medizinischen Mikrosystemtechnik. Kulturelle und historische Dimensionen der Wahrnehmung einer technischen Innovation

Seit dem Ende der neunziger Jahre ist zu beobachten, dass durch Forschung, Unternehmen und Medien für technische Innovationen der medizinischen Mikrosystemtechnik Plausibilität erzeugt wird, die weitgehend erst für die Zukunft erwartet werden. Dabei spielen schriftliche und visuelle Darstellungen technischer Interventionen in organische, zelluläre und molekulare Räume eine entscheidende Rolle.

Zur Vermittlung des "Neuen" an dieser Technologie werden kulturell habitualisierte Raumvorstellungen re-aktiviert und re-kombiniert, die sich historisch bereits bei der Durchsetzung anderer Hochtechnologien - so z.B. der Informations- und Biotechnologie - bewährt haben. Die zentrale These des Vortrages lautet, dass die verwendeten räumlichen Metaphern für Zukunftserwartungen, Risikowahrnehmungen und technische Realisierungen der neuen Technologie konstitutiv sind, weil sie gerade nicht das spezifisch Neue der mikrosystemtechnischen Konstruktionen des menschlich Lebendigen beschreiben, sondern für dieses Neue durch den Anschluss an alte und tradierte räumliche Semantik soziotechnische Evidenzen erzeugen.

Einordnung in die Tagungsthemen:

Der Vortrag passt sowohl zu den Themenbereichen "Technische Konstruktionen biologischer Normen und Normalitäten" wie "Technische Aufklärung organischer Substanzen und Prozesse". Der Vortrag ist nicht explizit technikgeschichtlich ausgerichtet, sondern verknüpft technikhistorische Einsichten mit innovationstheoretischen und wissenssoziologischen Fragestellungen. Dabei liegt der Fokus auf der Analyse wechselseitiger Bedingtheit der Entwicklung technischer Artefakte und technischer Semantik bei der Konstitution von Natur/Kultur-Grenzen.