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Digitale Mysterienspiele? Von der Inszenierung der Informatik

Alexander v. Lünen


Gehört das "Reden in Bildern" über Computer quasi zu deren Ahnen-geschichte, so gebar die Einführung und Verbreitung der elektronischen, digitalen Rechenmaschinen in den 1940ern eine Sichtweise der Maschinen die maßgeblich durch physische, "echte" Bilder geprägt war.

Im (Science-Fiction-)Film ist spätestens seit Stanley Kubricks 2001 - Odysee im Weltraum eine Omnipotenzphantasie mit der Computertechnik verbunden. Diese Vision ist aber nicht technophoben Kulturschaffenden ge-schuldet, sondern vielmehr einer lange währenden Tradition in Wissenschaft und Wirtschaft. Ergab sich die Inszenierung der Rechenmaschinen in den Anfängen gewissermaßen von selbst, bemühte sich im folgenden die Industrie als auch die Forschung, den Computer in einer überhöhten Weise abzubilden.

Betrachtet man Fotografien der ersten Rechner wie Mark I oder ENIAC so sticht deren schiere Größe und die damit verbundene scheinbare Übermacht heraus. Die Operateure wirken weniger wie Benutzer, sondern vielmehr wie "Priester", wie Adepten, die den "Normalsterblichen" die Natur des Compu-ters vermitteln, so wie Priester die Natur Gottes vermitteln. Der Fakt, daß Computer für "Nicht-Eingeweihte" praktisch nie real zu sehen waren und nur in Abbildungen auftauchten trug wesentlich zur Mystifizierung dieser Maschinen bei.

Mit Anbruch der Kommerzialisierung des Metiers, also mit den ersten kommerziell verfügbaren Computern, nutzte die Industrie diesen Umstand weidlich aus. Mehr noch, es ist eine "Ästhetisierung" der Maschinen zu be-trachten. War die Größe oft technisch bedingt, so findet sich in den feil-gebotenen Rechenanlagen ein Design wieder, daß diesen Effekt zusätzlich unterstützt. Dies wird im Rahmen des Vortrags mit reichlich Bildmaterial untermauert.

Ein "Meister" dieser Philosophie dürfte wohl Seymour Cray gewesen sein. Nicht nur daß er den Begriff der "Supercomputer" popularisiert hat, er ver-wendete auf Fragen des Designs beinahe ebenso so viel Ehrgeiz wie auf die Entwicklung seiner in Fachkreisen schon legendären Hochleistungscomputer.

Zwar gehe ich nicht so weit, zu behaupten, daß die Informatik als solche eine "Bilderwissenschaft" sei. Die Verbreitung der Computer aber ging nicht nur mit den üblichen Metaphern einher, die wohl bei jeder neuen Technologie unvermeidlich sind, sondern es wurde eine gezielte Inszenierung vorgenommen. Diese Inszenierung arbeitete weniger mit Metaphern, so wie die Elektrifizierung auf Plakaten Ende des 19. Jahrhunderts selbige mit der Abbildung griechischer Gottheiten wie Pallas Athene glorifizierte. Das technische Artefakt selber wird Protagonist in der Inszenierung.