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Visualisierung für die Popularisierung. Statistische Bilder der Bevölkerung, 1900-1950

Sybilla Nikolow

Als sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland der Trend zur visuellen Gesundheitsaufklärung durchsetzte, wanderten auch statistische Bilder der Bevölkerung zunehmend in den öffentlichen Diskurs. Besonders deutlich manifestierte sich diese Entwicklung im neuen Medium der Hygiene- und Sozialausstellungen, in dem nicht nur medizinisches, bakteriologisches und sanitärtechnisches, sondern auch medizinal- und sozialstatistisches Wissen popularisiert wurde. Aber so einig sich die Wissenskommunikatoren über die Notwendigkeit waren, Krankheit und Gesundheit als gesellschaftlich relevante Tatsachen mittels Statistiken zu belegen, so umstritten blieb, wie eine zulässliche Visualisierung in diesem Kontext aussehen konnte. Graphikgirlanden (Benjamins Karrikatur) galten in den 1920ern gegenüber den Zahlenkolonnen zwar als hübscher anzusehen, ob aber mit ihrer Hilfe das Publikum zu den wissenschaftlich-begründeten Einsichten gebracht werden konnte, die damit intendiert waren, wurde stark in Zweifel gezogen. Im Vortrag wird der Blick für diese Problematik anhand verschiedender Beispiele (Graphiken, Diagramme, Bildstatistiken und Modelle) geschärft, die jeweils in ihre Herstellungs- und Verwendungskontexte eingebettet werden. Dabei wird der Begriff des Wissensobjektes (Jordanova) genutzt, um die Visualisierungen für die Popularisierung analytisch fassen zu können. Er wird helfen, der Doppelbedeutung der statistischen Bilder in den Ausstellungen gerecht zu werden, denn sie hatten als Zeugnisse der wissenschaftlichen Praxis zu gelten und wurden gleichzeitig zu didaktischen Mitteln transformiert, um die Ergebnisse der Forschung zu kommunizieren. In diesem Zusammenhang wird herausgearbeitet, in welcher Weise die einzelnen statistischen Bilder Bevölkerungen darstellen und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich bei dieser Darstellungsmethode mit anderen Visualisierungstechniken aufzeigen lassen.