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Stefan Stein

Robotik im Spiegel der Comics. Darstellung von Robotik und Künstlicher Intelligenz in Comics

Nur wenige Wissenschafts- und Forschungszweige erleben eine solch boomartige Entwicklung wie die Robotik und die eng mit ihr verbundene Künstliche Intelligenz (KI; engl. Artificial Intelligence, AI). Aber auch nur sehr wenige Forschungsbereiche sind derart mit Erwartungen verbunden bzw. befrachtet wie gerade diese Bereiche. Die übergroße Erwartungshaltung in Robotik und KI ist weniger bei Geldgebern und Forschungsinstitutionen als vielmehr in der breiten Bevölkerung, anzutreffen. Während die exponentielle Entwicklung bei Speicher- und Rechnerprozessoren längst Gemeinplatz und in ihren Auswirkungen im alltäglichen Leben leicht beobachtbar ist, vollziehen sich Wandlungen und Paradigmenwechsel in Robotik und KI wesentlich langsamer und im Alltag kaum sichtbar.

Umso größer ist die Diskrepanz zu den Rezeptionen dieser Wissenschaftszweige in der Science-Fiction. Dort hat die Robotik seit Jahrzehnten ihren festen Platz – und die dort erzeugten Bilder und Vorstellungswelten strahlen auf Technik und Gesellschaft aus. Ein fast legendäres Beispiel dafür ist das japanische Erfolgscomic Tetsuan Atomu (deutsch „Astro Boy“), das die Erwartungshaltung der japanischen Gesellschaft außerordentlich forciert und einer technischen Entwicklung den Weg gebahnt hat. Es wird zu klären sein, ob und in welchem Maße sich in Deutschland erschienene Comics in den letzten Jahrzehnten auf Forschung und Gesellschaft ausgewirkt haben. Eine Untersuchung gerade der Comics verspricht besonderen Erkenntnisgewinn, denn durch die Verbindung von Schrift und Bild und durch die besondere Nähe dieses Mediums zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt eine ungewöhnliche Konstellation vor, die technisch-gesellschaftliche Wechselwirkungen gut beleuchten könnte. Solchen Wirkungszusammenhängen soll nachgegangen werden.

Die Frühformen des "Traumes vom Maschinenmann" sind gut untersucht. In Ausnahmefällen sind mechanische Robotik-Urahnen sogar im Bewusstsein der Bevölkerung verankert (der Schachtürke, "einen Türken bauen") und damit fast volkstümlich geworden. Bestens bekannt sind die filmischen Umsetzungen. Es fragt sich, welche Visionen zu welcher Zeit und in welchen Zusammenhängen aufkamen. Haben konkrete Ereignisse wie z.B. der Sputnik-Schock oder die erste bemannte Mondlandung ihren Niederschlag in Roboter-Comics gefunden?

In einer Zeit, in der allmählich immer mehr Forschungs- und Arbeitsroboter in Anwendung kommen, macht auch eine Rückschau in die Comicgeschichte Sinn: Haben Aussehen und Funktion der Comic-Roboter die Gestaltung der „echten“ Roboter beeinflusst? Wie unterscheiden sich Visionen und realistisches Design von Dienstleistungs-oder Wachrobotern?
Der Vortrag versucht eine Sammlung, inhaltliche Ordnung und erste Bewertung der Comics als technikgeschichtliche Quelle im Falle der Robotik und KI.