002.png

Silke Bellanger

Irritierte Wahrnehmungen und erfassbare Wissenschaft. Zur Vermittlung von Wissenschaft und Technik in Science Centers

Science Centers sind Ausstellungseinrichtungen, die naturwissenschaftliche und technische
Wissenszusammenhänge vorrangig mit Bezug auf handlungsorientierte pädagogische Konzepte
präsentieren. Wie in Museen, vollzieht sich die Vermittlung durch eine räumliche Beziehung
zwischen den materiellen Dingen und menschlichen Akteuren. Im Gegensatz zu Museen, die
Exponate und BesucherInnen in eine Beziehung der distanzierten Betrachtung mit zumeist
historischen Objekten setzen, bringen Science Centers mittels sogenannten Hands-On-Objekten,
die BesucherInnen in eine tätige und sinnliche Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen
und technischen Zusammenhängen.

Anhand einer wiederkehrenden Objektgruppe im Ausstellungstypus Science Center – Objekten
der Sinnestäuschung – möchte ich argumentieren, dass deren pädagogische und gestalterische
Konzeptualisierung eine spezifische Haltung gegenüber dem Ausgestellten ebenso wie eine
Konzentration auf bestimmte Wissenschafts- und Technikfelder und den Ausschluß anderer
Wissenszusammenhänge mit sich bringt: Trotz der inhaltlichen und gestalterischen Varianz
einzelner Science Centers, ist der Einsatz von Vexierbildern, gekrümmten Linsen oder
Drehscheiben, die die Sinneswahrnehmung irritieren, ein fester Bestandteil des
Ausstellungsrepertoires. Diese Objekte verbinden exemplarisch die Wissensvermittlung mit der
Ermöglichung einer körperlichen Erfahrung der BesucherInnen. Die Ausstellungsobjekte stehen
in der Tradition der Forschungsobjekte der Physiologie und Physik der Neuzeit und verweisen
auf gesicherte Wissensbestände dieser wissenschaftlichen Disziplinen.

Mittels der Sinnestäuschung wird die Aufmerksamkeit der BesucherInnen auf ihren Körper, ihre
Bewegungen und Positionierung im Raum gelenkt und die Wahrnehmung des Ausgestellten zum
Thema gemacht. Dadurch wird eine für das Museum typische Haltung des Ausstellungsbesuchs –
eine auf Distanz beruhende Betrachtung historischer Wissenschaftsobjekte – durch eine sinnlichkörperliche Einbindung in die objektgebundene Demonstration wissenschaftlicher Prinzipien
abgelöst. Diese Verknüpfung der Vermittlung von wissenschaftlichen Wissensbeständen und der
Ermöglichung körperlicher Erfahrungen führt, wie ich darlegen werde, zu einer Auswahl
wissenschaftlicher Wissenszusammenhänge, die sich aufgrund einer Affinität von
wissenschaftlichen Aufschreibesystemen vergangener Forschungskontexte und alltagsweltlicher
Erfahrungshorizonte, als sinnhaft und plausibel erfassen lassen.